Gruppentherapie
Wenn die meisten Menschen an Psychotherapie denken ist das erste, was ihnen in den Kopf kommt, der Austausch mit einer TherapeutIn in einem Raum mit zwei Sesseln in privater Atmosphäre. Das ist zwar häufig der Fall, aber eben nicht der einzige vorstellbare und schon gar nicht zwingend der wirksamste Rahmen.
Bei einer Gruppentherapie steht neben dem Austausch zwischen KlientIn und TherapeutIn der Austausch in der Gruppe im Mittelpunkt der Therapie. Dabei gibt die TherapeutIn der Gruppe einen festen Rahmen, was Ablauf und Regeln des Austauschs betrifft, moderiert das Gespräch und steuert den Prozess, um die Gruppe möglichst effektiv zu gestalten.
Während Einzelsitzungen häufig mit 50 Minuten geplant sind umfasst eine Gruppentherapie oft einen längeren Zeitraum, z.B. 100 Minuten.
Da die Wirksamkeit von Gruppentherapien wissenschaftlich gut belegt ist, werden die Kosten von gesetzlichen Krankenkassen übernommen und sogar teilweise gegenüber Einzeltherapien begünstigt. In unserer Praxis biete ich "Kombinationsbehandlungen" an, also die regelmäßige Teilnahme an einer Gruppe (meist wöchentlich) mit der Ergänzung von Einzelgesprächen alle zwei bis vier Wochen.
So unterschiedlich verschiedene KlientInnen und TherapeutInnen sind, so unterschiedlich sind auch Gruppentherapien. Gruppen können im Rahmen einer systemischen Therapie, Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierten Behandlung verschiedene Schwerpunkte setzen. Außerdem unterscheiden sich Gruppen bezüglich der Zusammensetzung der KlientInnen. So gibt es z.B. problemspezifische Gruppen (zum Thema Depression, Angststörungen etc.), "gemischte" oder "homogene" Gruppen bezüglich Alter oder Geschlecht, sowie "offene" oder "geschlossene" Gruppen (die Zusammensetzung der Gruppe variiert oder bleibt von Anfang bis Ende gleich).
In unserer Praxis biete ich halboffene Gruppen an, das heißt die Gruppen sind über einen langen Zeitraum stabil, allerdings schließen je nach persönlicher Situation KlientInnen Ihre Therapie vor anderen ab, sodass hin und wieder neue KlientInnen sich der Gruppe anschließen.
Von einer Gruppe spricht man ab drei TeilnehmerInnen und je nach Kontext werden Gruppen mit bis zu zwölf TeilnehmerInnen angeboten.
Unsere Praxis begrenzt die Gruppengröße auf sechs TeilnehmerInnen, wobei aus organisatorischen Gründen die Teilnehmerzahl hin und wieder leicht schwanken kann.
Gruppen bieten im Vergleich zu Einzelgesprächen einige Vorteile, die sie besonders wertvoll machen. Dabei besteht ein Vorteil darin von einer Vielzahl von Erfahrungen und Perspektiven zu profitieren.
Ein gegenwärtiger Therapeut und Psychotherapieforscher, der sich um die Arbeit in Gruppen im besonderen verdient gemacht hat, ist der amerikanische Tiefenpsychologie Irving D. Yalom. Er definierte 11 Wirkfaktoren, die dazu beitragen, dass Gruppen zur Verbesserung unseres Wohlbefindens beitragen. Die Wirkfaktoren nach Yalom sind:
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Hoffnung auf Heilung
Zuversicht, dass auch wir das Problem angehen können.
Durch den Austausch mit anderen, die möglicherweise in Bezug auf die Bewältigung eines bestimmten Problems bereits einen Schritt weiter sind, sammeln wir -
Universalität des Leidens
Wir sind mit unserem Problem nicht allein. Andere Menschen teilen die gleichen Gedanken und Gefühle mit uns. Wir können offen darüber sprechen. Der "Fehler" liegt nicht in uns. -
Mitteilung von Informationen
Wir lernen durch andere Menschen auch andere Lebensrealitäten kennen. Manchmal kann ein Gruppenmitglied eine eigene Erfahrung beschreiben, die wir teilen und für die wir bisher noch gar keinen passenden Ausdruck hatten. -
Altruismus
Ohne unser eigenes Leiden zu vernachlässigen oder zu bagatellisieren kann es hilfreich sein den Fokus vom Kreisen um das eigene Problem zu lösen und den Blick auf unsere Mitmenschen zu richten. Bei der Unterstützung einer anderen Person beteiligt zu sein stärkt das eigene Selbstbewusstsein und die Zuversicht auch ein eigenes Problem lösen zu können. -
Die korrigierende Rekapitulation der Primärfamilie
Im Austausch mit anderen können wir eigene (unbewusste) Regeln und Lernerfahrungen reflektieren und hinterfragen. Durch den wohlwollenden Kontakt mit anderen Menschen sammeln wir neue hilfreichere Erfahrungen. -
Techniken des mitmenschlichen Umganges
Durch den vermehrten Austausch mit anderen Menschen verbessern wir unsere sozialen Kompetenzen und lernen auch schwierige Situationen günstig zu bewältigen. -
Nachahmendes Verhalten
Die anderen Gruppenmitglieder können in Bezug auf bestimmte Situationen als Vorbild dienen, von dem wir selbst lernen können. -
Interpersonales Lernen
Im Kontakt mit anderen lernen wir, welche Wirkung wir auf andere Menschen haben und was wir in ihnen auslösen. Dadurch können wir auch unserem Alltag unsere Wirkung auf andere mehr steuern bzw. mit den Reaktionen anderer Menschen besser umgehen.
Dabei profitieren wir vom Feedback der Gruppenmitglieder. -
Die Gruppenkohäsion
Was in der Einzeltherapie als "Therapeutische Beziehung" beschrieben wird, wird in der Gruppe "Kohäsion" genannt. Dies beschreibt den Zusammenhalt und die Fürsorge untereinander. -
Katharsis
Der Begriff „Katharsis“ stammt ursprünglich aus der Psychoanalyse und beschreibt das "Ausleben" von verdrängten Emotionen und Konflikten. Die generelle Annahme, dass das ungefilterte Ausleben von Emotionen zur Entlastung führt (z.B. das Prügeln eines Boxsacks führe zum Abbau von Aggressionen) ist wissenschaftlich umstritten. -
Die existenziellen Erfahrungen (Tod, Angst, Einsamkeit, Sinnlosigkeit)
siehe Punkt 2. "Universalität des Leidens"
Yalom, I. D. (2024). Theorie und Praxis der Gruppenpsychotherapie. Klett-Cotta.
Aufgrund der verschiedenen Vorteile von Gruppentherapie habe ich in den letzten Jahren meinen Fokus zunehmend auf die Arbeit in Gruppen gelegt. Bei Fragen zu diesem Thema und Interesse, dürfen Sie sich natürlich gern bei mir melden.
Sehr umfangreich informiert auch die Internetseite Therapie.de über das Thema Gruppentherapie.